Impfverweigerer

25thNov. × ’21

Donnerstag, 18. November 2021

Es ist vormittag und es ist kalt. Eine langelange Schlange vor dem örtlichen Ortsamt. Das sieht man jetzt öfter, vor öffentlichen Gebäuden, vor Schulen, Turnhallen, Ortsämtern. Mobile Impfteams.

Impfverweigerer stehen da, mal mit Maske, mal ohne, mit Abstand oder enger zu zweit. Und ich mittendrin. In einer halben Stunde soll die Impfstelle aufmachen und auch ich werde mir meinen Piks holen.

 

 

Früher war das ja auch okay, mit den Schlangen. Da kommen Kindheitserinnerungen an, sie haben mit Kaufhallen zu tun und mit Bananen. Da gab es viel zu lernen für einen kleinen Jungen und Gespräche, zwischen Vorderfrau und Hintermann oder auch gleich über mehrere Menschen hinweg.

Heute gibt es keine Gespräche, nur ein älterer Mann meint, wir am Schlangenschwanz würden heute eh nicht mehr drankommen, er hätte schon ganz vorn in der Schlange gestanden und nur einen Termin für nachmittags erhalten.

Kaum Reaktionen oder nur abweisendes Gemurmel, alle starren auf ihre kleinen Bildschirme und frieren vor sich hin, niemand redet. 10 Minuten bevor ich dran bin, fängt es auch noch leicht zu nieseln an. Na hoffentlich werde ich nicht krank. Das ist schon die vierte Schlange diese Woche und bisher war ich nie erfolgreich.

 

Bisher! Ich bekomme auch ein Zettelchen in die Hand gedrückt, dreiviertel 5 soll ich wiederkommen. Ich bin froh, dass es doch noch klappt, lange habe ich ja auch keinen große Dringlichkeit in der Impfung gesehen. Ich habe mich allerdings immer brav an alle Auflagen gehalten, getestet werde ich mehrmals wöchentlich, trage die Maske sogar im Haltestellenbereich und meide Geselligkeiten und viele Menschen.

Eine Geselligkeit ist es dennoch, die zuletzt den Ausschlag gibt: Meine Mutter feiert ihren 70. Geburtstag. Und natürlich soll ich dabei sein, will dabei sein. Problem nur: das angemietete Vereinsheim darf nur als Geimpfter oder Genesener betreten werden. 2G. Ich kippe fast aus den Latschen, als mein Vater mir das einige Tage vorher erzählt.

Nun ist guter Rat teuer, zwei Impfungen klappen nicht in so kurzer Zeit. Also muss es wohl Janssen von Johnson & Johnson sein. Weniger wirksam und etwas erhöhte Thrombosegefahr, aber was tut man nicht alles für seine Mama.

 

Pünktlichst stehe ich dann wieder vor dem Ortsamt, habe bereits die Einwilligung und andere Dokumente ausgedruckt und ausgefüllt. Der freundliche Securitymitarbeiter zeigt mir den Weg, oben im ersten Stock heißt’s dann nochmals warten. Nach etwa einer Viertelstunde komme ich dran, gebe meine Chipkarte ab und die ausgefüllten Datenblätter und frage nach Johnson & Johnson.

Da müsse ich erst nochmal ein Gespräch mit einer Ärztin führen, sagt der junge Mann in Johanniter-Uniform an der Anmeldung. Er führt mich zu einer Sichtschutzwand mit Schreibtisch dahinter. Die Frau in Schutzkleidung und Maske bittet mich, Platz zu nehmen und ich schildere ihr mein Problem: Für mich kommt aufgrund der Zeitknappheit nur Janssen in Frage.

Das würde aufgrund meines zu niedrigen Alters und der damit einhergehenden Nebenwirkungen nicht verimpft. Es wäre außerdem gar keine richtige Impfung, die Wirksamkeit sei zu niedrig und das würden auch nur Impfgegner nehmen, bloß damit sie einen Impfstatus hätten.

Ich erkläre nochmals, dass ich nur dieses Präparat nehmen könnte, weil ich zum 70. Geburtstag meiner Mutter möchte, der nun mal in reichlich 3 Wochen stattfinde – das sei aber ohnehin nicht gutzuheißen, meint die Ärztin, sich nur wegen des Status’ eine Impfung geben zu lassen und dann wieder auf Partys zu gehen und die Abstandsregeln nicht einzuhalten.

Ich bin sprachlos.

Immerhin bekomme ich die Frau so weit, dass sie ein scheinbares Einsehen hat, sie müsse aber noch eine Extra-Einwilligung holen, und boostern lassen müsste ich mich trotzdem auch. Mir ist alles recht, solange ich an der Feier meiner Mutter teilnehmen kann!

Dann aber kommt die Frau wieder und meint, für mich würde man jetzt nicht noch eine neue Packung anbrechen, ich bekäme keine Impfung. Das verstehe ich nicht und auf Nachfrage erfahre ich, dass die einzelnen Ampullen wohl in Packungen zusammengefasst sind und man dann alle anderen nicht mehr nutzen könne.

Ich frage, was ich denn dann tun könne, worauf die Ärztin meint “Lassen Sie sich doch mit Moderna impfen!” Erneut erkläre ich ihr, dass dies leider nun mal zu kurz sei bis zum Geburtstag meiner Mutter, die lapidare Antwort lautet: “Sie hatten ja das ganze Jahr Zeit, sich impfen zu lassen…”

Direkt gefragt, ob sie mir also die Behandlung verweigere, nickt die Ärztin und sagt “Ja.”

Ich frage die Frau nach ihrem Namen, den sie mir aber nicht nennen will, auf die Frage nach dem Kontakt zur Beschwerdestelle schüttelt sie nur den Kopf und meint, soetwas gäbe es nicht. Auch keinen Datenschutzbeauftragten? Nein, auch den nicht. Wo ich mich denn beschweren könne? Schulterzucken. Ob sie denn von den Johannitern sei? Schulterzucken.

Ich wünsche der Dame noch einen schönen Feierabend und verlasse das Ortsamt. Ungewollt und ungimpft.

 

Es ist schon eine Krux mit diesen Impfverweigerern…

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